9 Schritte zur 100% digitalen Steuererklärung ohne Medienbruch

Datenschutzbehörde Bayern veröffentlicht Best-Practice bei Homeoffice
23. Juni 2020
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Durch die Digitalisierung verändern sich die bisher üblichen Kanzleiprozesse. Diese Änderungen bieten aber auch Raum für Verbesserungen innerhalb Ihrer Kanzlei und das nicht nur bei der Finanzbuchhaltung und beim Lohn, sondern auch bei den Prozessen rund um die Steuererklärung. Mit der vollständig digitalen Abwicklung einer Einkommensteuererklärung wird nicht nur die Arbeit im Home-Office erleichtert, sondern die gesamtheitlichen Prozesse werden schneller – und die Kosten gesenkt. Stellen Sie sich Ihre Kostensenkung anhand von zwei einfachen Rechenbeispielen vor: 

  • Nehmen wir an, in Ihrer Kanzlei gehen im Jahr 1.000 Einkommensteuerbescheide ein. Durch einen durchgängig optimalen, digitalen Bescheidprüfungsprozess spart Ihre Kanzlei ca. 10 Minuten pro Bescheid.
  • Nehmen wir an, alleine durch die Erstellung eines optimalen Anschreibens (z. B. per E-Mail-Vorlage mit Platzhaltern) werden pro Anschreiben mind. 5 Minuten eingespart. Im Jahr werden 1.000 Anschreiben erzeugt.

Solche Szenarien sind keine Zukunftsmusik mehr, die Technik ist da. Dennoch erfolgt bei vielen Kanzleien die Abwicklung mit zeit- und kostenintensiven Medienbrüchen. Wir zeigen Ihnen den Ablauf einer 100% digitalen Steuererklärung in neun Schritten:

Schritt 1: „DATEV Meine Steuern“ einführen oder DATEV DMS Vorgangsmappe nutzen

Für alle am Prozess Beteiligten bietet die Nutzung von „DATEV Meine Steuern“ nur Vorteile: Für den Mandanten entfällt das Sammeln und überaus lästige jährliche Zusammenstellen seiner Belege. Sobald unterjährig ein Beleg für seine Steuererklärung bei ihm eintrifft kann er Ihnen diesen umgehend mittels Büroscanner oder seinem Smartphone über die App DATEV Upload mobil in der DATEV Cloud zur Verfügung stellen.
In der Kanzlei kann der Mitarbeiter sodann auf die im Portal bereitgestellten Belege zugreifen und diese mit den Formularfeldern im Programm Einkommensteuer verknüpfen.

Selbstverständlich wird es Mandanten geben, die Sie nicht dazu bekommen, ihre Belege digital einzureichen. Hier können Sie – ggf. auch unter Nutzung einer schnellen Digitalisierungslösung –  die Belege für den Mandanten in der Kanzlei scannen, in Ihre DATEV Digitale Dokumentenablage, Ihrem DATEV DMS classic oder Ihrem DATEV DMS (neu) ablegen und die Komponente „DATEV Meine Steuern“ nutzen, also die Formularfelder in der Steuererklärung mit den zuvor eingescannten Belegen verknüpfen.

Alternativ wird es Fälle geben, bei denen Sie nicht mit „DATEV Meine Steuern“ arbeiten. Damit in solchen Fällen bei der Erstellung der Erklärung nicht ein wildes Zusammensuchen aller relevanten Dokumente und Belege entsteht, empfehlen wir den Einsatz einer DATEV DMS Vorgangsmappe, die aus unserer Sicht – optimal eingesetzt – nur Vorteile bietet:

In früheren Zeiten wurden fehlende oder noch nicht digital archivierte Dokumente nachträglich gescannt und zusammen mit den restlichen Dateien in einem mehr oder weniger unübersichtlichen Sammeldokument gespeichert. Diese Zeiten sind zum Glück vorbei.

Die Vorgangsmappe wird heute in vielen Kanzleien als Ersatz zum bisher angelegten Ordner für Steuererklärungen eingesetzt. 

Es müssen keine Papierbelege mehr gesammelt werden. Die benötigten Belege des Mandanten werden direkt gescannt und in einer allgemeinen, für die gesamte Kanzlei definierten, Vorgangsmappe abgelegt. Originalbelege gehen sofort wieder an den Mandanten zurück. Die Vorgangsmappe wird das ganze Jahr über ordentlich gepflegt. Dies spart bei der Enderstellung Arbeit und Zeit. Ganz gleich ob die Dateien zu diesem Zeitpunkt bearbeitet werden oder nicht – sie sind dann bereits für die Erstellung der Einkommensteuererklärung an der richtigen Stelle gespeichert.

Schritt 2: Elektronische Steuerkontoabfrage nutzen

Mit DATEV Steuerkonto online können Sie die aktuellen Kontodaten der Mandanten einsehen und holen. Somit können Sie orts- und zeitunabhängig die Kommunikation mit der Finanzverwaltung verbessern. Telefonische und schriftliche Anfragen entfallen.

Schritt 3: Nutzung der vorausgefüllten Steuererklärung

Durch die vorausgefüllte Steuererklärung lassen sich viele Datenerfassungen einsparen. Werte, wie beispielsweise Rentenbeiträge, Kassenbeiträge oder aus der Lohnsteuerbescheinigung, lassen sich automatisch in die Formularfelder übernehmen.

Tipp: Die kanzleieinheitliche Nutzung der Funktionen „Erklärung abschließen“ und „Jahr schützen“ sorgt nicht nur für eine schnelle Abarbeitung von routinemäßigen Einzelschritten, sondern auch zur Sicherstellung der Ergebnisse.

Schritt 4: Einkommensteuererklärung digital freizeichnen lassen

Nach Erstellung der Einkommensteuererklärung unter der Nutzung digitaler Belege sowie elektronischer Daten vom Finanzamt, kann diese dem Mandanten zur digitalen Freizeichnung bereitgestellt werden. In vielen Kanzleien wird die komplette Erklärung oder auch nur die Unterschriftseite ausgedruckt und zur Einholung der Unterschrift in Papierform zum Mandanten gesendet. Dieser papiergestützte Vorgang lässt sich schnell und einfach durch 2 alternative digitale Wege optimieren:

  1. Nutzung von DATEV Freizeichnung Online: Hierzu sendet die Kanzlei die Erklärung ins DATEV-Rechenzentrum. Der Mandant erhält daraufhin eine Benachrichtigung, meldet sich in „Unternehmen Online“ oder „Meine Steuern“ (je nachdem, was genutzt wird) an und kann die Erklärung dort nach seiner Prüfung digital bestätigen. Nach dessen Bestätigung erhält die Kanzlei einen Hinweis und kann die Daten elektronisch an das Finanzamt übermitteln. Ganz ohne Ausdruck. Vollkommen medienbruchfrei.
  2. Sie sind kein Freund von Freizeichnung Online? Die Erklärung kann dem Mandanten alternativ mittels eines Web-Portals zur digitalen Unterschrift bereitgestellt werden. Bei dieser Variante erhält der Mandant die Erklärung in seinem einfach zu handhabenden Portal. Er kann diese herunterladen und digital via Smartphone, iPad oder Surface signieren.
    (Aus seinem privaten Bereich sind dem Mandanten solche Vorgänge des digitalen Freizeichnens aus dem Bereich der Paketdienste bekannt. – Der Verfasser unterstützt Sie gerne bei der Auswahl und Schulung der passenden Lösung.)

Schritt 5: Elektronische Übermittlung der Erklärung

Hat Ihr Mandant die Steuererklärung bzw. die E-Bilanz freigegeben (s. Schritt 4), kann die Steuererklärung direkt im Anschluss sicher über die DATEV an die Finanzverwaltung übermittelt werden. Dies spart die Dauer des Postweges sowie das Porto. Knappe Fristen können besser gewahrt werden. Zudem werden die Bescheiddaten des Finanzamtes elektronisch rückübermittelt.

Schritt 6: Nutzung der Komponenten DATEV DMS Posteingangsassistent und Abruf digitaler Erstbescheid

Sind die richtigen Einstellungen hinterlegt entfaltet der DATEV DMS Posteingangsassistent (PEA) seine volle Wirkung: Der Posteingangsassistent erkennt vollautomatisch die verschiedenen Dokumententypen im Posteingang, sodass die Ablagemaske im Normalfall komplett vorbelegt ist und nur noch überprüft werden muss. Das erhöht die Datenqualität und spart immens an Bearbeitungszeit. 

Tipp: Sollten Sie den Eindruck haben, dass der Posteingangsassistent nicht die gewünschte Wirkung entfaltet, liegt es an falschen Einstellungen. In diesem Fall sollten Sie Kontakt zu einem wissenden DMS-Berater aufnehmen.

Digitalisierte Bescheide werden bei der Archivierung in DATEV DMS automatisch dem jeweiligen Mandanten sowie dem zuständigen Sachbearbeiter zugeordnet. Dieser erhält den digitalisierten Bescheid automatisch via DMS und kann diesen bearbeiten, auch wenn er gerade im Homeoffice arbeitet. 

Der Papierbescheid verbleibt dabei im Sekretariat. Eine kanzleiinterne Weitergabe des papierhaften Bescheides gehört der Vergangenheit an. 

NEU: Die deutlich effizientere Lösung im Vergleich zum Scannen von Papierbescheiden ist die elektronische Bekanntgabe von Bescheiden durch die Finanzverwaltung. Hierbei lassen sich originale Einkommensteuerbescheide und Vorauszahlungsbescheide im PDF-Format mittels eines eingerichteten Buttons im Dokumentenkorb abrufen. Von diesem aus können die Bescheide direkt in DATEV DMS abgelegt werden. Die elektronische Bekanntgabe des Bescheids, der sog. „Digitale Verwaltungsakt“, ist dabei rechtsverbindlich und ersetzt den Papierbescheid. Das Handling rund um den Papierbescheid entfällt.

Bislang nehmen etliche Bundesländer an diesem Verfahren teil, die bundesweite Freigabe soll bis September 2020 erfolgen.

Schritt 7: Nutzung der elektronischen Rückübermittlung der Bescheiddaten von der Finanzverwaltung

Eine Beschleunigung Ihrer Abläufe erreichen Sie durch die Nutzung der Komponente „Elektronischer Bescheidabgleich“.

Bei einem Bescheidabgleich handelt es sich um die Gegenüberstellung der von Ihnen ermittelten Erklärungswerte und den vom Finanzamt festgesetzten Bescheidwerten. Der Mitarbeiter erkennt auf einen Blick die daraus resultierenden Abweichungen. Eine manuelle Erfassung der Daten ist deshalb nicht erforderlich.

Tendenziell lassen immer mehr Kanzleien eine Vorabprüfung bereits durch das Sekretariat aus dem Dokumentenkorb heraus im Posteingang durchführen. Sofern der elektronische Bescheidabgleich keine Abweichung anzeigt, kann das Sekretariat umgehend ein standardisiertes E-Mail-Anschreiben auf Basis einer E-Mail-Vorlage aus der DATEV Vorlagenverwaltung ersterstellen und dem zuständigen Sachbearbeiter auf dem DMS-Wege zuleiten. 

Das Ergebnis der Bescheidprüfung wird mittels DMS-Werkzeuge, wie digitale Stempel (z. B. „Bescheid in Ordnung“), auf dem digitalen Bescheid angebracht. Sollte die Bearbeitung eine tiefergehende Prüfung erforderlich machen, so empfehlen wir den Einsatz von sinnvollen Zusatzkomponenten wie MS OneNote. Hiermit lassen sich einfach und schnell Berechnungsliste und Bescheid digital gegenüberstellen und mit digitalem Stift abhaken, markieren oder mit handschriftlichen Notizen versehen. 

Schritt 8: Digitale Übersendung des Steuerbescheides an Mandanten

Die Zahl der Kanzleien, die den Papierbescheid nicht mehr mühselig in Papierform mit eigens erstelltem Anschreiben an den Mandanten versenden steigt weiterhin stetig an. In diesem Fall geht der Bescheid dem Mandanten über eine Portallösung zu oder wird einfach per verschlüsselter E-Mail aus dem DATEV Arbeitsplatz heraus an diesen versendet. Die Versendung des Papierbescheides entfällt somit. Der Papierbescheid verbleibt entweder in der Kanzlei oder er wird zu einem deutlich späteren Zeitpunkt anderen Unterlagen beigefügt oder nach einer zu definierenden Dauer des Zwischenlagerns (z. B. 4 Wochen) vernichtet. Die Spielwiese der anzutreffenden, unterschiedlichen Verfahrensweisen ist groß.
Sollte Ihr Bauchgefühl gegenüber dieser Abläufe nicht frei sein und Sie rechtliche Bedenken haben – dann verabschieden Sie sich lieber gleich von derartigen Verfahren. 

Tipp: Holen Sie sich im Vorfeld die Unterschrift des Mandanten auf Verzicht des Originalbescheides ein. (Sie kennen dies vom Unterschriftsverzicht des Mandanten beim elektronischen Versand Ihrer Honorarrechnungen.)

Schritt 9: Elektronische Einsprüche und Anpassungsanträge nutzen

Abgerundet werden die vorgenannten medienbruchfreien Prozesse durch die papierlose Kommunikation mit den Finanzbehörden. Mit der Nutzung der Komponente „Digitale Kommunikation mit Institutionen“ lassen sich Einsprüche und Anträge auf Anpassung von Vorauszahlungen schnell und einfach elektronisch aus dem DATEV Arbeitsplatz versenden und gleichzeitig automatisch in die Dokumentenverwaltung (Digitale Dokumentenablage, DATEV DMS classic, DATEV DMS (neu)) ablegen.

Sie haben die Entscheidung für derartige Prozesse für Ihre Kanzlei in der Hand. Solche Szenarien sind keine Zukunftsvision mehr! Die Technik ist da – nutzen Sie diese!

Stefan Droß
Stefan Droß
Stefan Droß, Geschäftsführer der sdw consulting, unterstützt Kanzleien bei der Umsetzung von modernen Digitalisierungsprojekten. Des Weiteren ist die sdw consulting einer der führenden Anbieter von Datenschutz-Dienstleistungen mit Schwerpunkt Steuerkanzleien.